Herr Ardon und der Drachenturm: Unterschied zwischen den Versionen
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In der Gegend | In der Gegend der Waid kann man an manchen Sommerabenden das magische Schauspiel der Libellen beobachten, die silberne Kreise über den Tümpeln und Sträuchern der Moore beschreiben. Doch wurde der metallische Glanz der Insektenpanzer an diesem bestimmten Abend von einem gar höheren Prunk überblendet: Hoch zu Ross trabte ein stattlicher Recke voran, an dessen güldener Rüstung die Feuer erlesener Juwelen blitzten. Von seinem Helme, dessen fein gearbeiteten Ornamente, denen der Kathedralen glichen, schwankten die schönsten Federn von Straußen und Adlern in der sanften Brise. Sobald ein Bauer aus der Ferne einen Blick auf diese funkelnde Erscheinung warf, schämte er sich seiner selbst und floh, wie es sich gehörte, in die Dunkelheit der häuslichen Hütte davon. | ||
Dabei hatte sich Herr Ardon, der treueste Diener des Herzogs, aus bescheidener Rücksicht in seine beinahe schlechteste Kluft geworfen, um an diesem Abend die Reise zu bestreiten. Ardon war nämlich nicht ausgeritten, um die armen Leute mit seiner noblen Gestalt zu verunsichern; der Ritter hatte diese rein praktische Arbeitskleidung gewählt, denn er war auf dem Wege, ein Übel auszurotten, das die Menschen – die sich nicht selbst zu helfen wussten – plagte. | Dabei hatte sich Herr Ardon, der treueste Diener des Herzogs, aus bescheidener Rücksicht in seine beinahe schlechteste Kluft geworfen, um an diesem Abend die Reise zu bestreiten. Ardon war nämlich nicht ausgeritten, um die armen Leute mit seiner noblen Gestalt zu verunsichern; der Ritter hatte diese rein praktische Arbeitskleidung gewählt, denn er war auf dem Wege, ein Übel auszurotten, das die Menschen – die sich nicht selbst zu helfen wussten – plagte. |
Aktuelle Version vom 21. Dezember 2024, 00:45 Uhr
Herr Ardon und der Drachenturm | |
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Gegenstand | |
Kategorie: | Schriften |
Typ: | Buch |
Qualität: | II. Gewöhnlich |
Lore: | Eine sehr zerlesene Ausgabe der Abenteuer des kühnen Ritters Ardon. |
Herr Ardon und der Drachenturm gehört zu den in ganz Ottonien sehr geschätzten Komödien des Ardon Epos. Hierbei ist nicht ganz klar, ob es sich um Schriftsteller, welche sich über den jungen Ritter Herr Ardon amüsieren, oder um dessen Selbstzeugnisse handelt.
Transkript
Herr Ardon und der Drachenturm
In der Gegend der Waid kann man an manchen Sommerabenden das magische Schauspiel der Libellen beobachten, die silberne Kreise über den Tümpeln und Sträuchern der Moore beschreiben. Doch wurde der metallische Glanz der Insektenpanzer an diesem bestimmten Abend von einem gar höheren Prunk überblendet: Hoch zu Ross trabte ein stattlicher Recke voran, an dessen güldener Rüstung die Feuer erlesener Juwelen blitzten. Von seinem Helme, dessen fein gearbeiteten Ornamente, denen der Kathedralen glichen, schwankten die schönsten Federn von Straußen und Adlern in der sanften Brise. Sobald ein Bauer aus der Ferne einen Blick auf diese funkelnde Erscheinung warf, schämte er sich seiner selbst und floh, wie es sich gehörte, in die Dunkelheit der häuslichen Hütte davon.
Dabei hatte sich Herr Ardon, der treueste Diener des Herzogs, aus bescheidener Rücksicht in seine beinahe schlechteste Kluft geworfen, um an diesem Abend die Reise zu bestreiten. Ardon war nämlich nicht ausgeritten, um die armen Leute mit seiner noblen Gestalt zu verunsichern; der Ritter hatte diese rein praktische Arbeitskleidung gewählt, denn er war auf dem Wege, ein Übel auszurotten, das die Menschen – die sich nicht selbst zu helfen wussten – plagte.
Der finstere Drache Grimdilur hatte sich unweit des Dorfes in einem alten Wachturm aus römischer Zeit verschanzt und war nun dazu übergegangen, die Schafe, Ernten und Kinder der umliegenden Bewohner zu vertilgen. Ardon, der sich normalerweise nur um ernsthaftere Fälle kümmerte, war dennoch angerufen worden, nachdem eine ganze kaiserliche Armee mit Haut und Haar im Magen der Bestie abhandengekommen war. Als er nun die düstere Spitze des alten Turmes erblickte, leerte der Ritter seine Honigmilch in einem Zuge und rief: »Wollen wir doch mal seh’n was die blöde Eidechse kann!« Ohne lange zu fackeln trieb Ardon seinem Schlachtross die Sporen in die Seiten und sprang mit einem gewaltigen Satz nach der Turmspitze. Die dämonische Kreatur, die das Gemäuer mit schuppigem Leibe umwand, strebte dem fliegenden Ritter mit ihren giftbewehrten Fangzähnen entgegen. Einer dieser Zähne war so groß wie das Bein eines Holzschemels und der Geruch des Todes umwehte die gifttriefenden Dorne. Kurzerhand trieb Ardon im Fluge sein Schwert bis zum Heft in den Rachen des Monsters, das nach ihm schnappte, bis die Klinge das verkommene Herz durchstach. Da jubelte es von unten und allerlei Volk drang auf die Straße, um den Heroen zu preisen.
Herr Ardon, der bloß seine ritterliche Pflicht getan hatte und sich nichts aus dem Lorbeer der einfachen Leute machte, war gerade dabei mit dem örtlichen Besitzer eines Heukarrens über den Abtransport seiner Geschenke zu diskutieren, als etwas wahrlich eigenartiges eintrat. Der uralte Turm, der soeben noch unanfechtbar auf dem Erdboden gestanden war, erhob sich schnurstracks in den Himmel und schwebte bald hoch oben in den Wolken. Kurz darauf baumelten auch die Hütten, der tote Drache, die Bauersleute und Ardon selbst samt Pferd in luftiger Höhe. Sogleich wanderten sie, von unsichtbaren Händen getragen, in eine gigantische Truhe, bevor sich ein schwarzer Himmel über ihnen schloss. Als sei dies nicht genug, ertönte sodann eine donnernde Stimme über dem ganzen Lande und schallte: »Ardon mein Engel, nun packen wir deine Spielsachen weg. Auch das Holzschwert! Das bringst du mir nicht mehr mit an den Tisch.« Ardon, der sich von solchem Unfug nicht aus der Fassung bringen ließ, beschloss, für einen Moment zu ruhen und sich in Bälde auf den nächsten Heldenstreich vorzubereiten.